Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Erfolgsmodell Stieglitzprojekt – Artenschutz in der Gemeinde

Ein Stieglitz sitzt auf einer Distel
Der Stieglitz (Distelfink) frisst vorrangig Distelsamen (Bild: Gunnar Förg)

Anlässlich des Rückgangs artenreicher Wiesenbiotope infolge laufender Intensivierung der Landwirtschaft, intensiver Pflege von Grünflächen aus übertriebener Ordnungsliebe sowie Flächenversiegelung haben wir gemeinsam mit lokalen BN-Gruppen, Imkern sowie der Unteren Naturschutzbehörde im Jahr 2016 das Stieglitzprojekt im Landkreis Fürth initiiert.

 

Ziel ist die Schaffung von Lebensräumen für den Stieglitz und andere wiesenbewohnende Arten, wie die unter Wildblumenmangel leidenden Hummeln, Honigbienen und Schmetterlinge. So ist das Stieglitzprojekt eine kleine, aber effiziente Maßnahme gegen das Insektensterben.

 

Der Stieglitz (Distelfink) steht als „Flaggschiffart“ in doppelter Hinsicht stellvertretend für viele wiesenbewohnende Arten: Erstens wird dieser farbenprächtige Singvogel von vielen Menschen als Sympathieträger wahrgenommen, der jedoch zu einem großen Teil auf „Unkräuter“ (Distelsamen) als Nahrung angewiesen ist. Zweitens ist sein Bestand bundesweit rückläufig. Zwischen 1990 und 2013 ist der Bestand nach Erhebungen des Dachverbands Deutscher Avifaunisten um 48% gesunken.

 

Wir werben in Kommunen für die Umwandlung kurzgeschorener Rasenflächen und Wegränder in artenreiche Blühwiesen durch Verringerung der Mähfrequenz. Optimal ist, die Samenbank des Bodens zum Tragen kommen zu lassen. Daher ist meist keine Aussaat angeraten. Falls in Ausnahmefällen doch ausgesät wird, sollte Saatgut heimischer Pflanzen aus der Region Mittelfranken verwendet werden, da hiesige Pflanzen optimal an regionale Gegebenheiten angepasst sind.

 

Stieglitzprojektflächen sollen einmal jährlich, nur bei schnellem Wuchs zweimal jährlich gemäht werden. Stets sollte die Mahd erst erfolgen, nachdem die meisten Pflanzen reife Samen gebildet haben. Im Herbst gebildete Fruchtstände sollten erst im März gemäht werden. Auf diese Weise bleibt den besonders im Spätwinter Hunger leidenden samenfressenden Vögeln Nahrung erhalten. Durch Beseitigung des Mähguts wird zum einen absterbendes Altgras entfernt, das sonst den Wuchs konkurrenzschwacher Wildblumen hemmen würde, zum anderen fördert das so langfristig erwirkte Ausmagern des Bodens die Artenvielfalt der Flora. Am schonendsten ist eine gestaffelte Mahd mit Messerbalken.

 

Die Akzeptanz der Öffentlichkeit für seltener gemähte Grünflächen ist meist hoch, wenn Infoschilder auf den Sinn und Zweck der Wiesen hinweisen. Daher haben wir vom LBV ein Infoschild entworfen, von dem jeder teilnehmenden Gemeinde bis zu 10 Stück zur Verfügung gestellt werden, wobei die Kosten je zur Hälfte vom LBV und BN getragen werden. 

 

Die Akzeptanz lässt sich weiter steigern, wenn die Blühwiese von einem schmalen „sterilen“ Rasenstreifen umsäumt wird, so dass die Fläche gepflegt wirkt. Als Teil der Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung hat eine Schulklasse bunte Stieglitze aus Holz gebastelt, welche zeitweilig auf der Stieglitzprojektfläche am Radweg an der Zenn in Veitsbronn aufgestellt wurden.

 

Wir werben mit 5 Argumenten für das Stieglitzprojekt:

1. Effizienter Artenschutz

2. Ästhetische Aufwertung: Artenreiche Blühwiesen haben höheren Erholungswert als monotone Grünflächen.

3. Die Förderung von Blütenbestäubern verbessert Ernteerträge in Gärten und Landwirtschaft und unterstützt die Imkerei.

4. Kosteneinsparung durch seltenere Mahd ist möglich.

5. Gesetzliche Vorgabe zur Bewirtschaftung kommunaler Grundstücke im Sinne des Naturschutzes (Art. 1, BayNatSchG)

 

Erfreulicherweise haben viele Bürgermeister und Bauhofmitarbeiter schnell Verantwortungsbewusstsein und Akzeptanz von Wildblumenwiesen gezeigt. Ambitioniert im Stieglitzprojekt sind u.a. Wilhermsdorf, Ammerndorf, Veitsbronn, Stein und Zirndorf.

 

So können Sie dem Stieglitz, Schmetterlingen, Bienen und Hummeln helfen:

Legen Sie in Ihrem Garten Wildblumenwiesen an. Meist kann man allein durch selteneres Mähen die Artenvielfalt im Garten deutlich steigern. Als Balkonbesitzer können Sie in Blumenkästen und Kübeln Kräutersamen einsäen, die Sie an Wegrändern in der Umgebung ihres Wohnortes gesammelt haben. Viele heimische Gehölze und Stauden sind nicht nur ebenso schön wie exotische Gewächse, sondern obendrein für die Natur ungemein wertvoller.

 

Heißer Tipp:

Der langanhaltend intensiv blau blühende Gewöhnliche Natternkopf ist nicht nur ein echter Hingucker im Beet, sondern zudem eine äußerst ergiebige „Tankstelle“ für Hummeln und Schmetterlinge. Einige Gärtnereien haben diese prächtige heimische Pflanze bereits in ihrem Sortiment. Wir halten zudem kostenlose Tütchen mit Natternkopfsaatgut für Sie bereit – sprechen Sie uns an.

Ein Schwalbenschwanz, eine Tagfalterart, sitzt auf einer gelben Blume
Für den Schwalbenschwanz sind "Unkräuter" lebensnotwendig (Bild: Marcus Bosch, LBV-Archiv)
Mehrere Gewöhnliche Natternköpfe, eine blaublühende Pflanze, steht auf einer Wiese mit hohem Gras.
Heimische Schönheit: Gewöhnlicher Natternkopf (Bild: Dr. Eberhard Pfeuffer, LBV-Archiv)